Was treibt einen TV-Profi wie Barry Diller dazu, in das Suchmaschinen-Business einzusteigen? Auf der Search Engine Strategies Conference 2006 in New York (27.2.-2.3.2006) zeichneten sich die zukünftigen Trends im Werbemarkt ab. Christoph Pichler, CPC-Consulting, war für Sie dabei:
Die Search Engine Strategies Conference 2006 im Hilton New York, gerade mal zwei Blocks von der Madison Avenue entfernt, war die beste Gelegenheit für Werbeagentur-Mitarbeiter, sich unter die 6000 Teilnehmer der weltgrößten Suchmaschinen-Marketing-Konferenz zu mischen, bei der vier Tage lang in 80 Sessions die aktuellsten Trends in der Welt von Google & Co diskutiert wurden.
Publikumsmagnet für die Agency-People aus der Nachbarschaft war wohl sicher SES-Keynote-Speaker Barry Diller und die Antwort auf die Frage, was ein TV-Profi wie der CEO von IAC auf einer Suchmaschinen-Konferenz zu sagen hat.
Der Home-Shopping-TV-Mogul kauft Ask.com Barry Diller, CEO von IAC/InteractiveCorp, gilt in den USA als einer der erfolgreichsten Unternehmer im TV-Business: in den sechziger Jahren erfand er als Programmchef bei ABC das Progammformat des TV-Spielfilms, führte später Serien wie die „Simpsons“ zum Kultstatus und machte als Chef von Paramount, 20thCentury Fox und Universal-Pictures Furore. Seit Anfang der neunziger Jahre erzählt Mr. Diller Analysten und Reportern aber immer wieder, dass er den interaktiven Handel über Home-Shopping-Fernsehen und über das Internet mittlerweile weit lukrativer und interessanter findet als jedes andere Geschäftsmodell. 1992 legt Diller mit seinem Einstieg beim Teleshopping-Sender QVC den Grundstein für sein E-Commerce-Imperium IAC/InteractiveCorp, zu dem neben dem Home Shopping Network (HSN) u.a. die Internet-Reisebüros Expedia.com und Hotel.com, das Online-Kartenbüro Ticketmaster sowie der Datingdienst Match.com und zählen. Und 2005 fügte er für rund zwei Milliarden Dollar die US-Suchmaschine Ask.com in sein Company-Portfolio hinzu.
Barry Diller: „Be evil“ Was veranlasst nun einen TV-Profi wie Diller in den Suchmaschinen-Markt zu investieren? Die massiv steigenden Werbeeinnahmen der Suchmaschinen über die „Paid Listings“ sind wohl einer der Gründe dafür, wobei Ask.com im Vergleich zu den Giganten Google und Yahoo eher ein Nischenplayer mit knapp fünf Prozent Marktanteil ist.
In seinem Keynote-Statement auf der Search Engine Strategies – Conference gab sich Diller jedoch kampfbereit „We are ready to compete“ und meinte auf die Frage von Moderator Danny Sullivan nach seinem Mission-Statement humorvoll „Be evil“ (in Anspielung auf das Google-Motto „Don´t be evil“). Die SES New York war auch der Termin für das Re-Branding der Suchmaschine AskJeeves.com in Ask.com, um den internationalen Roll-Out dieser – bisher eher nur in den USA bekannten – Suchmaschine in Angriff zu nehmen. Der Butler Jeeves – bisher Symbol dieser Suchmaschine – wurde nach 10 Jahren Dienstzeit in Pension geschickt.
Der springende Punkt für Diller´s Investition ins Suchmaschinen-Business liegt aber wohl in seiner Einschätzung, wann es zur schon so oft prognostizierten Konvergenz von TV und Internet kommen wird. Laut Diller wird es in 2 bis 3 Jahren soweit sein, daß TV- und Videoformate via Internet auf allen Endgeräten, also Fernseher, PCs, Handys etc. problemlos und flächendeckend verfügbar sind.
Suchmaschinen: Die Datenbanken der Wünsche Und sobald die Konvergenz von Fernsehen und Internet da ist, kommen die „Datenbanken der Wünsche“ ins Spiel: Suchmaschinen wie Google, Yahoo und Ask.com haben Millarden von Suchabfragen von Konsumenten gespeichert und können dadurch Interessensprofile für alles und jedes erstellen. Wenn diese Konsumentenprofile für die zielgerichtete Schaltung von TV-Spots via Internet-TV verwendet werden, wird dies die klassische reichweiten-orientierte Mediaplanung revolutionieren. Unternehmen, für die bisher aufgrund einer engen Zielgruppe TV-Werbung unleistbar war, haben dann die Möglichkeit, ohne Streuverluste und zu rentablen Kontaktpreisen TV-Spots zu schalten.
Direct-Response-TV und Metrics-Marketing Dazu kommt die Interaktivität von Internet-TV: die klassische Branding-Funktion von TV-Werbung wird nun durch die Möglichkeit des Direct-Response erweitert und der Werbeerfolg wird konkret anhand von Konsumenten-Reaktionen – im Idealfall Bestellungen – meßbar. In den USA ist „Metrics Marketing“ bereits das neue Buzz-Word in der Marketingbranche. Was derzeit nur in der Online-Werbung möglich ist, nämlich die Real-Time-Meßbarkeit des Werbeerfolges, wir nun auch für die TV-Werbung Realität. Werbe-Ausgaben werden zu Werbe-Investitionen, da der Werbeerfolg in Umsatz- oder ROI-Größen exakt kalkulierbar und prognostizierbar ist. Die entscheidenden Größen für Marketing- und Mediaplanung werden Return on Investment oder Return on Advertising Spend (ROAS) sein. So planen laut eMarketer-Analyst Geoff Ramsey über 60 Prozent der Marketing-Verantwortlichen die Anschaffung von Analyse-Software für die Auswertung und Steuerung interaktiver Kampagnen. Kevin Lee, CEO der Suchmaschinen-Marketingagentur did.it sieht die Zukunft in automatisierten Handels- und Auktionssystemen für jede Art von Werbung.
Die Big-Player im Werbemarkt der Zukunft Barry Diller ist nun mit Ask.com, ebenso wie Microsoft durch die MSNBC-Kooperation mit dem TV-Giganten NBC, bestens für die Schlacht um das interaktive Werbegeld gerüstet. Umso spannender wird, was Google und Yahoo in diesem Markt vorhaben. Nachdem Google bereits im Vorjahr mit „Google Publication Ads“ in das Media-Buying-Business für Print-Anzeigen eingestiegen ist und im Jänner die Radio-Werbefirma dMarc übernommen hat, ist wohl zu erwarten, dass Google eine Media-Buying-Plattform für TV-Spots launcht oder sich direkt an TV-Sendern beteiligt.
MSN-AdCenter Wie vor einem Jahr prognostiziert, öffnet Microsoft nun sein „AdCenter“ für Werbekunden in den USA und nimmt damit die lukrative Vermarktung der Werbeflächen auf seiner Suchmaschine MSN-Search weitgehend selbst in die Hand. Der Rollout für UK soll gegen Jahresende 2006 erfolgen, für Deutschland usw. Anfang 2007. Das Microsoft-AdCenter bietet neue Möglichkeiten des demografischen Targetings für Suchmachinen-Werbung, ein Feature, dass Google und Yahoo bisher nicht anbieten können. (Anm: Google bietet seit ein paar Tagen nun auch demografisches Targeting an, aber nur in den USA im Content-Network, nicht auf der Suchmaschine).
Lokale Suche bringt Kleinanzeigen und Gelbe Seiten in Bedrängnis Aber nicht nur das Big Business der Fernsehwerbung wird durch die Suchmaschinen-Companys nachhaltige Veränderungen erleben. Der traditionelle Werbemarkt der Kleinanzeigen und der Gelben Seiten gerät in den USA zunehmend durch die lokalen Suchmaschinen-Funktionen (Local Search) und den dort entsprechend standort-bezogenen Möglichkeiten der Werbeplatzierung in Bedrängnis – nach Expertenschätzungen fliessen in diesem Markt bereits 30 Prozent der Werbeausgaben in Suchmaschinen-Werbung. Matt Cutts – Lunch with the Google Engineers Zum Thema Suchmaschinen-Optimierung war Google-Chefingenieur und „Head of the Web-Spam-Team“ Matt Cutts in mehreren Sessions am Podium, u.a. beim „Lunch with the Google Engineers“ oder in der Session „Meet the Crawlers“ und sagte dem weltweiten Suchmaschinen-Spam den Kampf an, aktuelles Beispiel war ja der kurzfristige Ausschluss von BMW aus den deutschsprachigen Google-Suchergebnissen. „Nachdem wir uns bei der Spam-Bekämpfung auf das englischsprachige Web konzentriert haben, werden wir nun auch den Suchmaschinen-Spam in anderen Sprachen bekämpfen.“ Und: „Wer es bei der Suchmaschinen-Optimierung übertreibt, fliegt ohne Rücksicht aus unserem Index. Auch künstliches Link-Building wird von uns erkannt. Links, die nur für Suchmaschinen erzeugt werden, werden von uns ignoriert.“
Meet the Crawlers: Create Unique Content – No Flash! „Create unique content“ war die einhellige Empfehlung der Technik-Chefs der Suchmaschinen: Google (Matt Cutts), Yahoo! (Rajat Mukherjee), MSN-Search (Ramez Naan) und Ask.com (Kashual Kurapati): „Sorgen Sie für guten, eigenständigen Content auf Ihrer Site und die Links kommen dann von selbst.“ Ramez Naam, Group Program Manager von MSN-Search dazu: „Links sind nur dann für uns relevant, wenn Sie auch für den User relevant sind.“ Mit welchen Methoden Google, MSN-Search, Yahoo! & Co. nun Links auf User-Relevanz analysieren werden, wurde natürlich nicht kommentiert. Aber Matt Cutts deutete an, dass Google daran arbeitet, bezahlte Links von unbezahlten Links, die auf „natürliche“ Weise zustande gekommen sind, zu unterscheiden… Sein Tipp: „Wenn Sie Links kaufen, um mehr User auf Ihre Website zu führen, ist das an sich ok. Aber zeigen Sie uns, dass es sich dabei um bezahlte Links handelt, damit wir sie nicht berücksichtigen.“ (Anm: er spielt dabei auf die Möglichkeiten an, via „nofollow“ oder Javascript Links für die Bots zur „Nicht-Weiterverfolgung“ bzw. Nicht-Erfassbarkeit zu kennzeichnen). Zum Thema Crawlbarkeit von Flash-Sites waren die Meinungen der Experten von den Suchmaschinen ähnlich, von „Definitivly negative effect“ (MSN-Search) bis „It´s in the pipe“ (Yahoo!). Es wird zwar daran gearbeitet, auch Flash-Sites zu indizieren, es wird aber nachdrücklich empfohlen, auch für Suchmaschinen lesbare Text-Versionen bereitzustellen. Abgeraten wird davon, mittels Cloaking dem Crawler eine Textversion zu servieren.
Blogs und Consumer Generated Media Was Content betrifft, so haben „Consumer Generated Media“ wie Blogs und Podcasts in den USA ihren Weg in den Mainstream gefunden, und sind natürlich ein Thema für Suchmaschinen wie Google, verhelfen aber auch neuen Suchdiensten wie der Blog-Suchmaschine Technorati zu steigender Popularität. Online-PR ist vor allem in Zusammenhang mit der rasant wachsenden „Blogosphäre“ eine boomende Branche, Greg Jarboe von PR-Web hat die Konsequenz für die traditionellen PR-Macher mit „It´s the End of PR as we know it“ wohl sehr treffend zusammengefasst…
Alles in allem, wieder eine tolle SES!
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